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1. Pilgergestalten der Bibel

Abraham ist der Grundtypus des Pilgers. Er erhält von Gott den einfachen Auftrag: „Ziehe weg in das Land, das ich dir zeigen werde.“ Ohne genau zu wissen, wie der Weg verläuft und was ihn am Ende erwartet, bricht er auf. Er riskiert seine Existenz, sein Leben und das seiner Familie und legt alles in die Hände Gottes. 

Die Weisen aus dem Morgenland, die das neugeborene Kind suchten, waren ebenfalls Pilger par excellence. Als sie den Stern sehen, verlassen sie alles, brechen aus ihrem Alltag und ihrem Land auf um diesem Stern zu folgen. Sie wissen nicht genau, wo sie hingehen, sie wissen nicht, wie lang diese Pilgerreise dauern wird, sie wissen nicht einmal, was sie am Ende finden werden. Und doch treibt sie das unerschütterliche Vertrauen in dieses Zeichen Gottes.

Jesus selbst war 3 Jahre lang im Heiligen Land unterwegs und hatte nach eigener Aussage „keinen Platz, wo er sein Haupt hinlegen kann“. Um Gottes Willen zu erfüllen, musste er frei sein von weltlichen Verpflichtungen. Dazu zählten damals vor allem Familie, Haus, Beruf. Dieses Ungebundensein an einen Ort ist Konsequenz und Bedingung dafür, dass Jesus seit seiner Taufe im Jordan Suchender war. Er suchte die Menschen auf, er suchte Gott, er suchte seinen Weg, um die Welt zu erlösen.

Am Ende ihres Weges werden sie alle damit belohnt, dass sie finden und erkennen dürfen: Abraham findet das Gelobte Land, die Weisen das göttliche Kind und Christus zu seiner Vollendung in Kreuz und Auferstehung – und alle erfahren, dass sich ihr Vertrauen in die Führung Gottes gelohnt hat.

 

2. Theologische Grundbegriffe zum Pilgern

Drei theologische Begriffe sind mit dem Pilgerdasein eng verknüpft: Freiheit, Vertrauen und Vollendung.

Mit Freiheit ist hier nicht die Zwanglosigkeit (ich bin frei von…) oder die Wahlfreiheit, sondern die auf ein höheres Ziel gerichtete Freiheit gemeint: Ich bin frei für etwas. (Vgl. Gal 5,1: Zur Freiheit hat uns Christus befreit). Alles, was mir bisher den Blick verstellte, was mich gefangen genommen hat, wofür ich meine Zeit und Energie verschwendet habe, ist weg. Ich habe Zeit, Raum und Kraft um mich ganz Gott zu überlassen und seinem Willen nachzugehen.

Um das zu können, braucht es ein Grundvertrauen in Gott. Dieses Vertrauen, dass ich mich getrost Gott überlassen kann, dass er es gut meint mit mir und mich auf gute Wege führt, nennen wir Glaube. Grundsätzlich muss dieses Vertrauen da sein, um einen Pilgerweg beginnen zu können. Es wächst aber auch mit dem Weg und den Erfahrungen, die man auf ihm macht.

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) hat in seiner Konstitution Lumen Gentium festgestellt, dass die Kirche sich als das pilgernde Gottesvolk begreift, das unterwegs ist und wie einst das Volk Israel in der Wüste, von Gott geführt wird. Die Kirche ist nicht vollkommen und noch nicht vollendet. Sie befindet sich erst noch auf dem Weg zu ihrer Vollendung und ist auf diesem Weg durchaus mit Sünden und Fehlern geschlagen. Der Heilige Geist führt sie auf ihrem Pilgerweg durch die Zeiten. Sehr schön beschreibt das der Text von GL 249: „Da schreitet Christus durch die Zeit in seiner Kirche Pilgerkleid“. So gesehen, ist die Schöpfung noch nicht vollendet. Es ist Auftrag des Menschen, dafür zu sorgen, dass sie „fertig“ wird, dass sie von Tag zu Tag „besser“ wird, bis sie Gott selbst vollenden wird am Jüngsten Tag. Dieses eschatologische „Noch nicht“ weist auf den Pilgercharakter alles Geschaffenen hin. Wir befinden uns auf dem Weg zu unserer Vollendung, die dann geschehen wird, wenn wir unser großes Ziel erreichen werden. Bis dahin kommt es darauf an, offen zu sein für Gottes Anruf, sich auf den Weg zu machen und auf seine Führung zu vertrauen.