UA-47026777-1
Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.
 
1. Pilgern oder Wallfahren?
 
Die Trennlinie zwischen beiden Begriffen ist nicht ganz scharf zu ziehen. Tendenziell lassen sich jedoch im Sprachgebrauch Unterschiede festmachen:
 
Pilger (peregrinus) bezeichnet eine Person, die aus religiösen Gründen und für unbestimmte Zeit in die Fremde geht. Der Pilger weiß beim Aufbrechen nicht, wie lange er unterwegs sein wird, wie sein Weg genau verlaufen wird, wann und ob er zurückkommen wird. Im Fokus steht das Unterwegssein. Es geht um Vorwärtskommen, am Ende des Weges um Ankommen, aber weniger um Zurückkommen. Von Tag zu Tag wird sein Pilgerweg sich ergeben. Fest steht zunächst nur, dass er aufbrechen muss, das Gewohnte zurücklassen und sich frei machen von vielem, was ihn im Alltag bindet.
Dies gilt nicht nur für seinen Pilgerweg, sondern letztlich als Lebenseinstellung: Wir sind Pilger auf dem Weg zu Gott. Er ist unser einziges und wirkliches Ziel. Der Pilgerweg ist ein Abbild des Lebensweges.
Pilgern hat durchaus auch etwas Verbindendes, was sich auch in Weg-Gemeinschaften erleben lässt. Und doch ist Pilgersein etwas zutiefst Persönliches, was nur jeder für sich ganz individuell gestalten kann, wie auch mein Leben und mein persönlicher Weg zu Gott.
 
Wallfahrer unternehmen eine zeitlich begrenzte Reise zu einem bestimmten Ziel. Sie wollen eine Heilige Stätte besuchen. Das Programm ist organisiert, die Rückkunft schon geplant. Wo man unterwegs einkehrt, was man betet, wo man übernachtet, steht bereits vor Beginn der Reise fest. Wallfahren verbindet die Menschen zu Gruppen, ist aus Tradition eine Gemeinschaftserfahrung. Gemeinsam ist man unterwegs, um zu einer bestimmten Zeit einen bestimmten Ort zu erreichen, gemeinsam ein Stück Glauben zu erleben und danach wieder in den Alltag zurückzukehren.
 
 
 
2. Losgehen – warum eigentlich?
 
Wenn man heute Pilger fragt, warum sie pilgern wollen, so erhält man vielerlei Antworten: Ganz einfach aus Interesse an den alten Pilgerwegen und ihren kulturellen Höhpunkten oder aus Neugier auf die Erfahrungen, die man auf so einem Weg machen kann – und durchaus auch, um Hape Kerkeling oder ähnliche Autoren, die von ihren Erlebnissen berichtet haben, zu verstehen. Manche gehen aus sportlichem Ehrgeiz: sie wollen wissen, wo ihre Grenzen sind und diese spüren. Etliche möchten ganz bewusst aussteigen; sie befinden sich in einer Lebenssituation, in der sie Klarheit und Abstand brauchen oder genau an einer Gelenkstelle zwischen zwei Abschnitten ihres Lebens.
Oft gehört ist das Motiv der Selbstfindung, seltener dagegen das der Gottfindung. Glaube und religiöse Anliegen stehen inzwischen ziemlich am Ende der Skala, noch überholt von irgendwelchen „spirituellen Erlebnissen“, wobei die Bandbreite des Spirituellen fast so breit ist wie der Camino lang.
Einen treffenden Satz zur Motivation des Pilgers habe ich bei Karl Rahner gefunden:
 
 
Das Eigentliche kommt einem entgegen, sucht einen, wenn man sich aufmacht und geht!